Bienen.info Leserin Kareen Wiesmüller aus Herzberg am Harz hat uns diese Frage zugeschickt. Dr. Harald Stephan beantwortet diese interessante Leserfrage im Folgenden…..
Ob Honig vegan ist oder nicht hat sich allerdings nicht nur unsere Leserin gefragt, auch in Internetforen erhitzen sich darüber die Gemüter. Dabei ist die Antwort ganz einfach, nämlich ein ebenso klares wie eindeutiges Nein: Er wird von Tieren produziert. Die eigentlich interessantere Frage ist, ob die Gewinnung des Bienengoldes mit dem Tierwohl zu vereinen ist. Bedeutet jedes Schnitzel den sicheren Tod eines Schweines, ist die Sache beim Honig ein wenig komplizierter.
Inhaltsverzeichnis
Kunsthonig – Ohne Bienen kein echter Honig
Fast vollständig aus dem Lebensmittelhandel verschwunden ist der sogenannte Kunsthonig, der in Geschmack, Geruch und Konsistenz an echten Bienenhonig erinnert. Dabei handelt es sich um Invertzuckercreme, sprich eingedickten Invertzucker. In dünnflüssiger Form ist dieser aus der süßkramversessenen Nahrungsmittelindustrie nicht mehr wegzudenken, denn er ist billig und einfach zu dosieren.
Seine Herstellung erinnert an das, was sich im Bienenstock abspielt: Invertzucker ist ein Glucose-Fructose-Gemisch, das durch die Hydrolyse von Rohrzucker (Saccharose) oder stärkehaltigem Ausgangsmaterial entsteht. Dieser Vorgang erfolgt durch ein Enzym namens Hydrolase oder eine schwache Säure, welche die Zuckermoleküle voneinander trennen.
Die Sache ist nur die: Honig ist mehr als eine übersättigte Zuckerpampe. Ein großer Teil seiner sonstigen Inhaltsstoffe stammt aus dem Honigmagen der Bienen, darunter Enzyme wie Katalase und Glucose-Oxidase. Ähnliches gilt für Vitamine, Mineralien, Pollen, Farb- und Aromastoffe, die einen echten Bienenhonig unverwechselbar machen.
Vegetarisch, aber nicht vegan: Honig, Milch und Eier
So nahe Kunsthonig dem tierischen Produkt zumindest chemisch kommt: Er ist bestenfalls der vegetarischen, sicher aber nicht der veganen Kost zuzurechnen. Anders als Milchproduktion und Legebatterien kann man die Imkerei nicht ernsthaft als Massentierhaltung bezeichnen – jedenfalls nicht in jener tierverachtenden und profitorientierten Form, die jeder Naturschützer verurteilt. Bienen leben als hochsoziale Tiere von Natur aus dicht gedrängt in ihrem Stock und machen uns Menschen vor, wie echtes Teamwork funktioniert.
Wirklich unnatürlich wird die Sache erst, wenn bei der industriellen Honigerzeugung massenhaft Bienenstöcke nebeneinanderstehen. Von solchen Zuständen wie beispielsweise in den USA sind deutsche Imker glücklicherweise weit entfernt. Für die Tiere bedeutet so etwas Konkurrenz und Stress, der sich auf ihre Gesundheit negativ auswirkt. Hinzu kommen Antibiotika, die im Gedränge schnell grassierende Infektionen verhindern sollen sowie ständige Transporte über weite Strecken: Bienen auf Bestellung – wo auch immer riesige Obstplantagen dringend auf Bestäubung angewiesen sind.
Will man als Verbraucher eine möglichst naturnahe Behandlung der Bienen unterstützen, sollte man auf eine wesensgemäße Bienenhaltung achten. Das bedeutet, dass die Tiere schwärmen dürfen, ihre Waben vollständig selbst bauen und die Königin auf natürliche Weise von Drohnen begattet wird. Entsprechende Bienenprodukte wie Honig, Wachs und Propolis findet man im Internet oder auf Nachfrage bei Imkerverbänden.
Nimmt man den Bienen ihre Nahrung weg?
Als weiteres veganes Argument gegen Honig gilt, dass der Imker den Tieren ihre angestammte Nahrung wegnimmt und durch simples Zuckerwasser ersetzt. Das stimmt nur bedingt, denn bei der Ernährung der Bienen spielt Honig eine untergeordnete Rolle.
Als direkt verfügbares Flugbenzin für Sammelbienen kommen Nektar und Honigtau zum Einsatz, die es gar nicht erst bis in Bienenstock und Honigerzeugung schaffen. Stockbienen und Larven ernähren sich von Pollen beziehungsweise seiner fermentierten Form, die man nicht von ungefähr als Bienenbrot bezeichnet. Beide enthalten im Gegensatz zu Honig neben Kohlenhydraten auch jede Menge Fette und Eiweiß, die für Wachstum und Entwicklung essenziell sind. Nur Gelée royale dient als Spezialfutter in den ersten drei Tagen nach dem Schlüpfen und als Superfood für Seine Majestät die Bienenkönigin.
Honig nutzen die Tiere als Wintervorrat – und schnell verfügbare Energiequelle, wenn sie durch das vibrierende Zittern ihrer Flugmuskeln Wärme erzeugen und im Inneren des Bienenstockes eine minimale Betriebstemperatur von zehn Grad Celsius aufrechterhalten.
Der Honigdieb leistet keine ganze Arbeit
So gierig ist er dann doch nicht: Ein verantwortungsbewusster Imker mopst seinen Völkern niemals ihren kompletten Vorrat. Er lässt den Tieren so viel Honig in den Brutwaben, wie sie bis zum nächsten Frühjahr benötigen. Fällt der Winter strenger aus als gedacht und droht das Heizöl zur Neige zu gehen, muss er Kalorien in Form von Zuckerlösung beifüttern.
Zudem gehen die Bienen auf Nummer sicher – sprich sie sammeln so viel Honig wie ihre Umgebung hergibt. In der Regel ist das bei unserer europäischen Honigbiene ein deutlicher Überschuss. Zum Überleben benötigt ein Volk um die 70 Kilogramm Honig plus 20 bis 30 Kilogramm Pollen. Was darüber hinausgeht, das schnappt sich ihr Betreuer. Bei einem durchschnittlichen Bienenvolk sind das um die 25 Kilo, also etwa fünfzig der üblichen Pfunds-Honiggläser, die man aus dem Handel kennt.
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Tote Bienen durch Honiggewinnung?
Auch das ist ein häufiger Anlass zu hitzigen Diskussionen: Bei der Honigerzeugung kommen Bienen ums Leben, da sie durch das Stechen den Tod finden oder beim Hantieren zerquetscht werden. Wesentlich anders ist das bei der Erzeugung pflanzlicher Nahrungsmittel allerdings auch nicht: Tiere sterben bereits bei der Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen zu Lasten der natürlichen Flora und Fauna, egal ob man Reis, Soja oder Mais anbaut.
Weiteren macht der Schutz der Äcker und Felder vor Kahlfraß den Garaus, sei es durch Pestizide oder sonstige Maßnahmen. Darüber hinaus kommen bei jeder Ernte zuhauf Insekten zu Tode – sogar, wenn sich eingefleischte Veganer wie Kuh, Schaf oder Ziege eine Mahlzeit mitsamt zappelnder Beilage einverleiben.
Fleischbeilage inklusive bei Ersatzprodukten
Selbst bei vielen Ersatzprodukten ist der überzeugte Freund veganer Ernährung vor unerwünschtem Beiwerk nicht gefeit, sei es Agavendicksaft, Ahorn- und Zuckerrübensirup oder Apfelsüße. Es wäre illusorisch anzunehmen, hier würde sich nicht die eine oder andere Taufliege und anderes Getier hinein verirren. Bei Trockenfrüchten als süßende Alternative zu Honig sind Feigen das beste Beispiel: Früchte bildet der Feigenbaum nur, wenn die symbiotisch lebende Feigenwespe die Blüten bestäubt – in jeder Feige stecken ihre aufgelösten Reste.
Manchmal ist der unerwartete Proteinanteil ganz ordentlich: Wer Löwenzahnhonig aus Löwenzahnblüten selber herstellt, wundert sich über das anhaltende Gewusel beim x-ten Waschgang – und will lieber gar nicht wissen, wie viel Krabbelzeug im fertigen veganen Honigersatz immer noch mit von der Partie ist. Ich habe schon habe schon mehrere Male selber Löwenzahnhonig hergestellt und auch nach dem fünften Waschgang krabbeln immer noch zahlreiche kleine Tierchen aus den Blüten…..